Abstract
Die Konsequenzen von „Big Data“ für den Umgang mit Informationen sowie für deren sozialen, kulturellen und ökonomischen Wert stellen eines der wichtigsten Problemfelder des 21. Jahrhunderts dar. Die Mitglieder des TriKo greifen das Thema auf und erforschen es aus einer interdisziplinären, diachronen Perspektive für den Zeitraum des 8. bis 18. Jahrhunderts. Das wissenschaftliche Programm des TriKo in den nächsten Jahren trägt insofern nicht nur zur historischen Fundierung einer aktuellen Debatte bei, sondern auch zur Neubestimmung einer Epoche, die allgemein als „Vormoderne“ bezeichnet wird.
Fragestellung
Wenn wir von der heutigen Gesellschaft als einer Informations- und Wissensgesellschaft sprechen, beziehen wir uns auf die Digitalisierung und die sich schnell verändernden technischen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung sowie auf die zunehmende Bedeutung von Wissen und Bildung in der Lebens- und Arbeitswelt.
Die sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts vollziehenden Entwicklungen und das Nachdenken hierüber spiegeln sich auch in den Themenfeldern der internationalen mediävistischen und frühneuzeitlichen Forschung wider. Unter dem Label des cultural turn waren die letzten Jahrzehnte stark von der Frage nach den Medien und den Wissensordnungen vergangener Epochen geprägt. Dabei wurden die Begriffe „Information“ und „Wissen“ nur selten klar konturiert und oft fast synonym verwendet.
Diese Tendenz ist umso erstaunlicher, als sich andere Disziplinen – von der Neurobiologie über die Sprachwissenschaft und die Informatik bis hin zur Rechtswissenschaft – intensiv mit der Information und ihrer Abgrenzung zum Wissen auseinandersetzen. Beobachtungen über die Wissensgenerierung im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit bleiben zwangsläufig unscharf, wenn wir der Information – fälschlicherweise – in dieser Zeit kein eigenes Gewicht zusprechen. Auch vermögen die historischen Geisteswissenschaften mit der Konzentration auf den schillernden Wissensbegriff kaum etwas zu den Diskussionen beizutragen, die im Kontext von „Big Data“ primär in Bezug auf die Information geführt werden. Im TriKo möchten wir das ändern.
Unser Augenmerk liegt auf dem sozialen, kulturellen und ökonomischen Wert der Information, der im 21. Jahrhundert angesichts von exponentiell steigenden Datenmengen, neuen Grenzziehungen zwischen „geheim“ und „öffentlich“ und schnell verbreiteten „Fake News“ kontinuierlich neu bemessen wird. Er bestimmt sich aus dem jeweiligen Maß an Informationsasymmetrie, der Authentizität der Information und dem ihr zugeschriebenen Nutzen für Entscheidungen und Handlungen der Akteure. Dass die Gewichtung der einzelnen Parameter je nach Situation und Blickwinkel anders erfolgen kann sowie in Interdependenz mit der Informationsgewinnung, dem Informationsmanagement und der Informationspolitik steht, die auch individuell oder unternehmerisch zu verstehen ist, wird in einer interdisziplinären historischen Perspektive besonders deutlich.
Auf einer methodisch-theoretischen Ebene betrachten wir es darüber hinaus als einen wesentlichen Bestandteil unserer Forschungen, den Umgang mit (digitalen) Informationen im Kontext des eigenen Erkenntnisprozesses zu reflektieren.